Exkurs - Leben und Sterben in Treblinka – Alltag im Angesicht des Grauens
Das Vernichtungslager Treblinka war ein Ort vollkommenen Schreckens. Die allermeisten Opfer wurden unmittelbar nach ihrer Ankunft ermordet und erlebten das Lager nicht. Doch einzelne Zeugnisse überliefen, was es hieß, im Arbeitskommando und damit einige Tage oder Monate im Lager überleben zu müssen.
Richard Glazar, einer der wenigen Überlebenden, schildert:
„Kurz darauf wurde geschrien: <Aussteigen, alles aussteigen, schweres Gepäck zurücklassen.> ... Es hieß <Entkleiden>, ganz nackt, wir gehen in ein Desinfektionsbad und dann zur Arbeit. Na gut, habe ich mir gesagt, das ist so üblich [...] Die Frauen mit den Kindern verschwanden in einer Baracke. Wir, die Männer, blieben draußen. [...] Draußen in der Baracke war eine anderthalb Meter hohe Masse: alles Mögliche, was der Mensch im Alltag braucht – Bettlaken, Kleidungsstücke, Schuhe, Geschirr. [...] Dauernd im Laufschritt, sonst kriegt man Schläge.“ [3]Die wenigen zum Überleben ausgewählten Häftlinge mussten Leichen aus den Gaskammern bergen, nach Wertsachen durchsuchen und später die Körper in Massengräber werfen oder verbrennen. Sie waren Leiden, Hunger und täglicher Gewalt ausgeliefert.
„Wir waren ständig von der Willkür der SS, ukrainischer Posten und Schägen bedroht,“berichtet Samuel Willenberg, der als Zwangsarbeiter die Kleidung der Ermordeten sortieren musste und dort auf die persönlichen Gegenstände seiner ermordeten Schwestern stieß [2][4].Ein polnischer Eisenbahner erinnert sich:
„Sie [...] warteten, sie weinten, sie baten um Wasser, sie starben, manchmal waren sie nackt in den Waggons, bis zu hundertsiebzig Personen. [...] Es war sehr gefährlich, ihnen Wasser zu geben, man konnte getötet werden, wenn man ihnen eine Flasche Wasser oder ein Glas Wasser gegeben hatte. Wir gaben ihnen aber trotzdem Wasser.“ [1]Von über 900.000 Menschen, die in Treblinka ermordet wurden, überlebten weniger als hundert. Die wenigen, die entkommen konnten, wie Richard Glazar oder Samuel Willenberg, schildern, dass das Überleben fast ausschließlich vom Zufall, der psychischen Belastbarkeit und gelegentlicher Solidarität im inneren Kreis der Arbeitskommandos abhing. Am 2. August 1943 wagten einige Arbeitshäftlinge einen Aufstand und versuchten zu fliehen [2].
Quellen:
[1] Ursula Gelis: Verwaltet-Sein in Treblinka
[2] Belltower News: Eines der wenigen Zeugnisse des Grauens von Treblinka
[3] Infosperber: Im Zug der Ahnungslosen
[4] Rezension zu S. Willenberg, Treblinka: Lager, Revolte, Flucht