Exkurs - Transport, Zug Da 28 von Frankfurt am Main, Frankfurt a. Main (Wiesbaden), Hessen-Nassau, Deutsches Reich nach Kaunas/ Litauen am 22/11/1941
Die Gestapo, unter der Leitung des Oberregierungsrats und SS-Obersturmbannführers Oswald Poche, befahl der jüdischen Gemeinde Frankfurt, eine Namensliste von Juden zur Deportation zusammenzustellen. Nach dem Zeugnis von Lina Katz, die für die jüdische Gemeinde ab Mai 1937 arbeitete, bis sie im August 1942 nach Theresienstadt deportiert wurde, erhielt die Gemeinde den "Befehl, 1.200 Menschen bereitzustellen".Sobald die Gestapo Namen und Adressen erhalten hatte, gab sie Kopien an das von Kriminalrat Ernst Grosse geleitete so genannte Judenreferat weiter. Die betroffenen Juden wurden drei Tage vor dem Transport schriftlich benachrichtigt.
Suizidversuche im Vorfeld der Deportation stiegen innerhalb der Frankfurter Gemeinde, wie in anderen Gemeinden auch, sprunghaft an.Am Abfahrtstag holten Beamte von Gestapo, Kriminal- und Schutzpolizei die Juden aus ihren Wohnungen oder aus einem der etwa 300 Judenhäuser in Frankfurt, in die sie im Vorfeld hatten einziehen müssen.
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Das Eigentum der Deportierten ging in den deutschen Staatsbesitz über; eine bürokratische Prozedur, die gewaltsam und in enger Zusammenarbeit von Gestapo und lokalen Steuerbehörden ausgeführt wurde und die mit der Elften Verordnung zum Reichsbürgergesetz, vom 25. November 1941 institutionalisiert werden sollte.Am "hellen Tage", wie sich Lina Katz, die Angestellte der Reichsvereinigung, in ihrer 1961 gemachten Aussage erinnerte, wurden die Juden durch die Stadt zum Großmarkt in der Hanauer Landstraße, heute: Sonnemannstraße, gebracht, einem 1928 errichteten, großen Industriegebäude, das als Frankfurts Hauptsammelstelle diente und bereits für die vorangegangenen Deportationen genutzt worden war. Die Juden wurden im Keller des Ostflügels des Großmarkts konzentriert, von wo aus ein Bahngleis direkt zum Ostbahnhof führte. In der Sammelstelle wurde der demütigende und gewaltsame Registrierungs- und Enteignungsprozess fortgesetzt.
Der Zug mit den Männern, Frauen und Kindern verließ Frankfurt am 22. November und traf wenige Tage nach der Ankunft von Juden aus Berlin und München in Kaunas ein. Nachdem die Deportierten am Bahnhof Kaunas vom 11. Deutschen Polizeibataillon und von Litauischen Helfern aus dem Zug befohlen worden waren, mussten sie sechs Kilometer durch die Stadt und entlang des Ghettos zum Fort IX marschieren. Kurz nachdem sie ihr Ziel am 25. November 1941 erreicht hatten, wurden sie zu Gruben geführt und von Männern des Einsatzkommandos 3, der Deutschen Ordnungspolizei und Litauischen Helfern ermordet – Dies war die erste Massenerschießung von deutschen Juden überhaupt.Ein Jahr später konnten einige Juden, die auf Befehl der Deutschen die Toten ausgraben und verbrennen mussten, vom Fort IX fliehen und bezeugen:
"[...] unter den 12.000 verbrannten Leichen befanden sich die Körper von etwa 5.000 Juden aus Wien, Frankfurt am Main, Düsseldorf, Hamburg und anderen deutschen Städten [...]. Die Juden aus Deutschland waren bekleidet erschossen worden [...]".In seiner auf den 1. Dezember 1941 datierten Gesamtaufstellung der Exekutionen, dem so genannten Jäger-Bericht, vermerkte Karl Jäger, Kommandeur des Einsatzkommandos 3, dass am 25. November, mit der Hilfe des "Rollkommandos Hamann", 2.934 Juden aus Berlin, München und Frankfurt im Fort IX exekutiert wurden: 1.159 Männer, 1.600 Frauen und 175 Kinder. Jäger notierte in seinem Bericht auch, dass es in Litauen keine Juden mehr gebe, abgesehen von Zwangsarbeitern und ihren Familien.Keine(r) der aus Frankfurt nach Kaunas deportierten Juden hat überlebt.
Quellen: