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Name: Moritz Koopmann



Geburtsdatum: 07.11.1875
Geburtsort: Uedem bei Kleve
Sterbedatum: 25.11.1941
Sterbeort: Kowno (Kauen), Fort IX in Litauen.





Wilhelmstr. 36

Moritz Koopmann wurde am 7. November 1875 in Uedem bei Kleve geboren. Er heiratete Rosa Katz aus Eisenach, mit der er zwei Kinder hatte: Tochter Charlotte (geb. 1907) und Sohn Fritz (geb. 1909). Im April 1906 zog die Familie nach Lüdenscheid und etablierte sich dort als jüdische Kaufmannsfamilie.

Ab etwa 1907 führten Moritz und Rosa Koopmann das größte und führende Schuhgeschäft Lüdenscheids in der Wilhelmstraße 36, gegenüber dem Alten Rathaus. Das Geschäft, das sie mit acht Angestellten etwa 30 Jahre lang betrieben, war ein wichtiger Bestandteil der städtischen Geschäftswelt.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde das Ehepaar Opfer systematischer Diskriminierung und Verfolgung: Hetzkampagnen, Boykott, das Beschmieren der Schaufenster mit antisemitischer Propaganda sowie Drohungen und wirtschaftlicher Druck führten zu erheblichen Umsatzeinbußen und zur finanziellen Bedrohung des Familienbetriebs. Zu den Repressionen zählten auch Beschwerden von Hausbewohnern darüber, „bei Juden wohnen zu müssen“.

1935 sah sich die Familie gezwungen, das Haus Wilhelmstraße 3 unter dem Verkehrswert zu verkaufen, und gab die Absicht auf, das Geschäft ihrem Sohn Fritz zu vererben. Schließlich schloss sie das Schuhgeschäft im März 1938, wie eine Zeitungsanzeige dokumentiert, und zog noch im Frühjahr 1938 nach Frankfurt am Main, in der Hoffnung, dort der Verfolgung zu entgehen.

In Frankfurt wurde die Familie in einem sogenannten „Judenhaus“ in der Niddastraße 46 zwangsweise einquartiert.

Zu Beginn des Jahres 1937 war auch die Mutter von Rosa, Henriette Katz, gezwungen, unter dem Druck antisemitischer Verfolgung ihre Wohnung in Eisenach aufzugeben.
Sie zog nach Frankfurt und lebte zunächst bei ihrer Tochter Bernhardine in der Schleidenstraße.
Im September 1938 zog Henriette Katz zu Bernhardines Schwester Rosa Koopmann und deren Ehemann Moritz Koopmann in die Niddastraße 46.

Am 22. November 1941 wurden Moritz und Rosa Koopmann von Frankfurt aus deportiert. Der Transport sollte ursprünglich nach Riga gehen, wurde aber aufgrund einer Überfüllung des Rigaer Ghettos umgeleitet nach Kowno (Kaunas), Fort IX in Litauen, ein berüchtigter Ort von Massenmord und Exekutionen während des Holocaust. Moritz Koopmann starb dort nur wenige Tage nach der Ankunft am 25. November 1941.

Die Flucht der Tochter Charlotte nach Palästina 1937 sowie des Sohnes Fritz in die USA 1939 konnten die Eltern nicht retten. Trotz der Bemühungen der Kinder, ihre Eltern in die neue Heimat nachzuholen, scheiterten diese Versuche aufgrund der restriktiven nationalsozialistischen Auswanderungspolitik.


(Quellen: Bundesarchiv Gedenkbuch - Koopmann, Moritz // Matthias Wagner: "Geschichte Lüdenscheids in der Zeit der Weltkriege, Demokratie und Diktatur 1914–1949", ISBN: 978-3-7395-1214-3 // "Lüdenscheider Gedenkbuch für die Opfer von Verfolgung und Krieg der Nationalsozialisten 1933-1945", HG: Bündnis für Toleranz und Zivilcourage - gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit, Friedensgruppe Lüdenscheid, 2. überarbeitete und ergänzte Auflage: Lüdenscheid, den 1. Sptember 2007, ebd. S. 15 ff https:/www.friedensgruppe-luedenscheid.de/files/gedenkbuch_2_aufl.pdf // Teilübersetzung (ab PDF-Seite 10) aus: "Installation of new Stolpersteine - June 29 to July 2, 2025, in Frankfurt am Main - commemorating victims of National Socialism - Biographies for the ceremonies on July 1st and 2nd, 2025" )

Exkurs - Transport, Zug Da 28 von Frankfurt am Main, Frankfurt a. Main (Wiesbaden), Hessen-Nassau, Deutsches Reich nach Kaunas/ Litauen am 22/11/1941

Die Gestapo, unter der Leitung des Oberregierungsrats und SS-Obersturmbannführers Oswald Poche, befahl der jüdischen Gemeinde Frankfurt, eine Namensliste von Juden zur Deportation zusammenzustellen. Nach dem Zeugnis von Lina Katz, die für die jüdische Gemeinde ab Mai 1937 arbeitete, bis sie im August 1942 nach Theresienstadt deportiert wurde, erhielt die Gemeinde den "Befehl, 1.200 Menschen bereitzustellen".
Sobald die Gestapo Namen und Adressen erhalten hatte, gab sie Kopien an das von Kriminalrat Ernst Grosse geleitete so genannte Judenreferat weiter. Die betroffenen Juden wurden drei Tage vor dem Transport schriftlich benachrichtigt.
Suizidversuche im Vorfeld der Deportation stiegen innerhalb der Frankfurter Gemeinde, wie in anderen Gemeinden auch, sprunghaft an.

Am Abfahrtstag holten Beamte von Gestapo, Kriminal- und Schutzpolizei die Juden aus ihren Wohnungen oder aus einem der etwa 300 Judenhäuser in Frankfurt, in die sie im Vorfeld hatten einziehen müssen.
[...]
Das Eigentum der Deportierten ging in den deutschen Staatsbesitz über; eine bürokratische Prozedur, die gewaltsam und in enger Zusammenarbeit von Gestapo und lokalen Steuerbehörden ausgeführt wurde und die mit der Elften Verordnung zum Reichsbürgergesetz, vom 25. November 1941 institutionalisiert werden sollte.

Am "hellen Tage", wie sich Lina Katz, die Angestellte der Reichsvereinigung, in ihrer 1961 gemachten Aussage erinnerte, wurden die Juden durch die Stadt zum Großmarkt in der Hanauer Landstraße, heute: Sonnemannstraße, gebracht, einem 1928 errichteten, großen Industriegebäude, das als Frankfurts Hauptsammelstelle diente und bereits für die vorangegangenen Deportationen genutzt worden war. Die Juden wurden im Keller des Ostflügels des Großmarkts konzentriert, von wo aus ein Bahngleis direkt zum Ostbahnhof führte. In der Sammelstelle wurde der demütigende und gewaltsame Registrierungs- und Enteignungsprozess fortgesetzt.
Der Zug mit den Männern, Frauen und Kindern verließ Frankfurt am 22. November und traf wenige Tage nach der Ankunft von Juden aus Berlin und München in Kaunas ein. Nachdem die Deportierten am Bahnhof Kaunas vom 11. Deutschen Polizeibataillon und von Litauischen Helfern aus dem Zug befohlen worden waren, mussten sie sechs Kilometer durch die Stadt und entlang des Ghettos zum Fort IX marschieren. Kurz nachdem sie ihr Ziel am 25. November 1941 erreicht hatten, wurden sie zu Gruben geführt und von Männern des Einsatzkommandos 3, der Deutschen Ordnungspolizei und Litauischen Helfern ermordet – Dies war die erste Massenerschießung von deutschen Juden überhaupt.

Ein Jahr später konnten einige Juden, die auf Befehl der Deutschen die Toten ausgraben und verbrennen mussten, vom Fort IX fliehen und bezeugen:

"[...] unter den 12.000 verbrannten Leichen befanden sich die Körper von etwa 5.000 Juden aus Wien, Frankfurt am Main, Düsseldorf, Hamburg und anderen deutschen Städten [...]. Die Juden aus Deutschland waren bekleidet erschossen worden [...]".
In seiner auf den 1. Dezember 1941 datierten Gesamtaufstellung der Exekutionen, dem so genannten Jäger-Bericht, vermerkte Karl Jäger, Kommandeur des Einsatzkommandos 3, dass am 25. November, mit der Hilfe des "Rollkommandos Hamann", 2.934 Juden aus Berlin, München und Frankfurt im Fort IX exekutiert wurden: 1.159 Männer, 1.600 Frauen und 175 Kinder. Jäger notierte in seinem Bericht auch, dass es in Litauen keine Juden mehr gebe, abgesehen von Zwangsarbeitern und ihren Familien.

Keine(r) der aus Frankfurt nach Kaunas deportierten Juden hat überlebt.

Quellen:



Wilhelmstr. 36, Lüdenscheid, vermutl. um 1930

Zeitungsanzeige zur Geschäftsaufgabe im März 1938.

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